Wirksamkeit

(Traub, 2021)

Ausgangslage zum Einsatz Kooperativer Lernsettings im Unterricht

Empirische Studien gelten auch im Bereich des Kooperativen Lernens als wichtiges Mittel, die Theorie mit der Praxis zu verknüpfen. Sie helfen uns zu verstehen, unter welchen Voraussetzungen Kooperative Lernsettings effektiv sind. Außerdem liefern sie Hinweise darauf, inwieweit die theoretischen Überlegungen auch in der Praxis umgesetzt werden und wo unter Umständen noch Hürden überwunden werden müssen. Durch die Beforschung der praktischen Umsetzung können ebenso Rückschlüsse auf die Theorie erfolgen, welche gegebenenfalls nochmals angepasst werden muss.

Zunächst soll ein kurzer Einblick in die Ausgangslage des Kooperativen Lernens im Unterricht gegeben werden. Dazu sollen Studien herangezogen werden, die untersuchen, wie oft und in welcher Form Kooperative Lernsettings aktuell im Unterricht eingesetzt werden. Traub (2021) bezieht sich in diesem Kontext auf ausgewählte Studien (Bohl, 2000; Schnebel, 2002; Völlinger, Supanc & Brunstein, 2018), deren Ergebnisse kurz zusammengefasst werden. Alle drei Studien spiegeln die Präsenz des Kooperativen Lernens im Unterricht wider. Schnebel (2002) kommt zu dem Ergebnis, dass im Durchschnitt 22% der Unterrichtszeit an Realschulen für kooperative Lernsettings genutzt werden. In Bezug auf die Häufigkeit des Einsatzes können die Daten von Völlinger, Supanc & Brunstein (2018) und Bohl (2000) verglichen werden. Die aktuellere Studie bestimmt 26% der Lehrenden, die wöchentlich Kooperative Methoden zur Unterrichtsgestaltung nutzen. Bohl (2000) differenziert weiter in die Anzahl der Stunden, in welchen kooperativ gearbeitet wird. Dabei nutzen 48,6 % der Lehrenden ein bis drei Stunden pro Woche und 28,7 % sogar vier oder mehr Stunden pro Woche für kooperative Lernsettings.

Desweiteren wird bislang kooperatives Lernen hauptsächlich zum Einüben, Wiederholen und Anwenden bereits erlernter Inhalte genutzt (Traub, 2021). Es handelt sich eher um kurze Phasen der Partner- oder Gruppenarbeit, die als Abwechslung zum Frontalunterricht durchgeführt werden. Demnach wird das eigentliche Potenzial des kooperativen Lernens in der Praxis noch nicht ausgeschöpft. Dieses kann sich vor allem dann entfalten, wenn Lernende kooperativ Probleme lösen und sich gemeinsam neues Wissen aneignen.

(Konrad, 2014; Slavin et al., 2003; Traub, 2021; Völlinger et al., 2017)

Ausgewählte Effekte des Kooperativen Lernens mit Fokus auf die Lernenden

Traub (2021) gibt einen Überblick über die bisherige Forschung über Kooperatives Lernen und ihre auf die Lernenden bezogenen Effekte.

So zeigen unter anderem Kyndt (2013), Borsch (2015), Johnson & Johnson (2000), Hattie (2013) und bereits Slavin (1995) in ihren Metaanalysen den Mehrwert Kooperativen Lernens auf.

Diesen Mehrwert erfahren Lernende in folgenden Bereichen:

  • Steigerung von Lernerfolgen und Förderung sozialer Kompetenzen, Förderung prosozialen Verhaltens (sozial-kognitive Schlüsselfähigkeiten)
  • Vorteile bei kognitiven und affektiven Lernzielen
  • Erhöhte Leistungsbereitschaft und Transferleistung
  • Hohe intrinsische Motivation und positive Einstellung gegenüber dem Lernen
  • Möglichkeiten der Bewältigung von Herausforderungen bei heterogenen Lerngruppen

Die Wirksamkeit Kooperativen Lernens wird weiterhin durch verschiedene Moderatoren positiv beeinflusst. Das betrifft beispielsweise das Schulfach (stärkere Effekte in Mathematik und Naturwissenschaften), das Alter oder den kulturellen Hintergrund. Die zentrale Studie Slavins (1995), die knapp 90 Studien metaanalytisch betrachtete, ergab, dass beispielsweise die Lernleistung in kooperativen Settings zu 75 % besser ausfielen als in nicht-kooperativen Settings. Außerdem zeigte sich, dass sich die Beziehungen zwischen den Lernenden positiv beeinflussten. Auch die Entwicklung von Hilfs- und Kooperationsbereitschaft scheint vom kooperativen Lernen positiv beeinflusst zu werden (Traub, 2021). Außerdem gilt es zu beachten, dass effektive Lernerfolge nur erreicht werden können, wenn Kooperative Lernsettings an die Lernvorraussetzungen der Lernenden angepasst sind und Lernende sich die erforderlichen Kompetenzen bereits angeeignet haben.

(Traub, 2021)

Ausgewählte Effekte des Kooperativen Lernens mit Fokus auf die Lehrenden

Die folgenden Befunde, fokussieren die Probleme und Hürden die Lehrende bei der Durchführung Kooperativer Lernsettings im Unterricht wahrnehmen. Lehrende empfinden oft den Vorbereitungs- und Durchführungsaufwand des Kooperativen Lernens als sehr anspruchsvoll. Die zu erwartenden Leistungsergebnisse werden nach Meinung der befragten Lehrenden nur mittelmäßig erreicht und die Qualität der Lerneffektivität wird als unsicher empfunden (Schnebel, 2002). Dieser Befund kann durch die veränderte Rolle der Lehrenden erklärt werden und spiegelt die Schwierigkeit mancher Lehrenden wider, die Kontrolle des Lernprozesses an die Lernenden abzugeben.

Bohl (2000) fasst in seiner Studie die durch Lehrende wahrgenommenen Probleme und Vorteile der Durchführung von Kooperativen Methoden wie folgt zusammen:

Probleme bei der Durchführung von Gruppenarbeit:

  • Rahmenbedingungen (von 26,1 %)
  • Disziplinprobleme (19,9 %)
  • Stoff des Bildungsplans (16,4 %)

Begründungen für die Durchführung von Gruppenarbeit:

  • Entlastet mich während des Unterrichts (19,1 %)
  • Bewirkt eine angenehme Unterrichtsatmosphäre (17.9 %)
  • Bewirkt gute langfristige Lerneffekte (16 %) (Bohl 2000, S. 206 ff)

Haag, Fürst, Dann (2000) untersuchen Lehrervariablen, die für das erfolgreiche Durchführen Kooperativen Lernens gegeben sein sollten. Dazu zählt beispielsweise das Merkmal Präzisierung und Verständlichkeit der Arbeitsaufträge und des Materials. Dies wurde bereits im Zusammenhang der Unterrichtsqualität angesprochen und gelingt den meisten Lehrenden in der Praxis gut. Allerdings zeigt die Variable Lehrerintervention, dass Lehrende zu oft in die Arbeitsprozesse der Lernenden intervenieren und sich noch nicht an die veränderte Lehrenden-Rolle angepasst haben. Ebenso wird die Variable der Verständnissicherung von Lehrenden unterschätzt und nicht ausreichend intensiv im Unterrichtsverlauf eingebettet.

Aufgabe dazu …

Aufgabe 14