Determinanten der Populationsdynamik
(Nentwig et al., 2017; Begon et al., 2017)
Populationen stellen eine wichtige Systemebene von Ökosystemen dar und beeinflussen durch ihre vielfältige Dynamik die Zusammensetzung von Lebensgemeinschaften entscheidend.
Zu den Eigenschaften einer Population gehören:
- die Populationsgröße (Gesamtzahl der Individuen im Siedlungsgebiet/Areal)
- die Populationsdichte oder Abundanz (Individuen pro Flächeneinheit) und
- die räumliche Verteilung und Altersstruktur der Individuen.
In der ökologischen Forschung werden verschiedene Methoden angewandt, um die Eigenschaften einer bestimmten Population zu bestimmen. Freilanduntersuchungen zur Erfassung der Gesamtzahl von Individuen mit einer hohen Beweglichkeit gehen in der praktischen Umsetzung mit einigen Schwierigkeiten einher, weshalb sich Forschende meist auf Schätzungen anhand repräsentativer Stichproben verlassen müssen (Begon et al., 2017). Eine bekannte Methode zur Erhebung der Populationsdichte ist die Rückfangmethode, bei der eine zufällige Stichprobe von Individuen eingefangen, gezählt und markiert wird. Anschließend wird diese wieder freigelassen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird erneut eine zufällige Stichprobe eingefangen. Folglich kann der Anteil an markierten, wieder eingefangenen Tieren auf die Gesamtfläche des Siedlungsgebietes hochgerechnet werden und dadurch die Populationsgröße geschätzt werden. Zusätzlich können einige Tiere mit Sendern ausgestattet werden, wodurch Rückschlüsse auf die räumliche Verteilung und Größe eines Areals möglich sind. Diese Methode wird als Telemetrie bezeichnet. Des Weiteren können Spuren wie Niststellen und Reviermarken hilfreiche Informationen zu verschiedenen Eigenschaften der Individuen einer Art liefern.
Um detaillierte Aussagen über die Veränderung einer Population über einen bestimmten Zeitraum hinaus zu treffen, werden allerdings weitere Kenndaten benötigt. Dazu gehören:
- die Zahl an Geburten in der Population,
- die Sterbefälle in der Population,
- die Zuwanderung von Individuen (Immigration),
- und die Abwanderung (Emigration) von Individuen zu anderen Populationen.
Daraus ergibt sich die folgende Gleichung zur Bestimmung der Populationsgröße:
\[N(t + \Delta t) = N(t) + \text{ Geburten } - \text{ Sterbefälle } + \text{ Zuwanderung } - \text{ Abwanderung}\]
Eine Vielfalt an Umweltbedingungen ist für die Dynamik von Populationen verantwortlich. Allerdings sollten sie nicht isoliert betrachtet werden, sondern stets auf der Systemebene einer Lebensgemeinschaft. Schließlich sind Populationen Bestandteile komplexer Netzwerke, die in einem Ökosystem über zahlreiche Wechselbeziehungen miteinander verknüpft sind. Eine Art ist meist dominant, wenn sie gut an die vorherrschenden Umweltbedingungen angepasst und in der Lebensgemeinschaft konkurrenzfähig ist (Nentwig et al., 2017). Diesen Zusammenhang stellt auch der Begriff der „ökologischen Nische“ dar, die als “Zusammenfassung aller Toleranzbereiche und Bedürfnisse eines Lebewesens“ interpretiert werden kann (Begon et al., 2017, S. 110). Darunter sollte kein spezifischer Ort verstanden werden, sondern die Lebensweise des Organismus in seinem natürlichen Habitat. Dabei kann ein Habitat für verschiedene Organismen eine passende ökologische Nische bieten. Somit wird eine Nische stets als ein mehrdimensionaler Raum betrachtet, der eine Art durch spezifische Umweltfaktoren begrenzt, dort zu leben, zu wachsen und sich fortzupflanzen (Begon et al., 2017). Diese lassen sich in biotische und abiotische Faktoren unterteilen und sollen im Folgenden kurz erläutert werden.
Abiotische Faktoren:
(unbelebte Umweltbedingungen)
Wasser: Organismen bestehen zu 70-80% aus Wasser. Es wird für alle Lebensabläufe benötigt. Zum Beispiel als Löse- und Transportmedium für osmoregulatorische Prozesse, wodurch das Ionenmilieu im Körper aufrechterhalten werden kann. Des Weiteren ist es auf molekularer Ebene ein wichtiger Reaktionspartner biochemischer Reaktionen. | |
Sonneneinstrahlung: Phototrophe Organismen nutzen das Sonnenlicht als primäre Energiequelle und verwerten diese durch Fotosynthese. Somit bildet die Lichtenergie den Beginn der Nahrungskette und die Grundlage der Primärproduktion. | |
Temperatur: Die Temperatur bedingt nicht nur Wachstum und Fortpflanzung, sondern alle physiologischen Stoffwechselvorgänge, wie Atmung und Verdauung. Hohe Temperaturen verursachen eine Beschleunigung der Vorgänge, während niedrige Temperaturen sie verlangsamen. Jedoch können zu hohe Temperaturen auch schädlich für einen Organismus sein. Die Toleranzgrenze für das aktive Leben von Organismen beträgt zwischen 0° und 40° Celsius. | |
Nährstoffe: Über den Boden oder mit der Nahrung werden essenzielle Nährstoffe aufgenommen und im Organismus weiterverarbeitet. Dabei sind Stickstoff, Phosphor und Kalium unverzichtbare Elemente für Pflanzen und Tiere. |
Weitere abiotische Umweltfaktoren sind zum Beispiel der pH-Wert, die Salinität, die relative Luftfeuchtigkeit sowie die Wind- und Strömungsgeschwindigkeit.
Biotische Faktoren:
(Einflüsse durch andere Organismen)
Prädation: Als Prädator kann jeder Organismus beschrieben werden, der andere Organismen oder Teile anderer Organismen konsumiert. Der Prädator zieht daraus seinen Nutzen, während er die Überlebensrate seiner Beute einschränkt. Die Prädatoren können wiederum in Räuber, Weidegänger und Parasiten kategorisiert werden. Die folgende Tabelle nach Begon et al. (2017, S. 234) gibt einen Überblick über die verschiedenen Arten von Prädatoren. |
Konkurrenz: Dieser Umweltfaktor wird in intra- und interspezifische Konkurrenz unterteilt. Die intraspezifische Konkurrenz beschreibt die innerartliche Konkurrenz und den Kampf um Ressourcen. Daher steigt mit einer zunehmenden Populationsgröße die intraspezifische Konkurrenz und beeinflusst Dichteregulation durch Schwankungen der Geburten- und Sterberate. Die interspezifische Konkurrenz meint eine zwischenartliche Konkurrenz, welche Arten betrifft, die eine ähnliche ökologische Nische bewohnen. Oftmals sind diese eng miteinander verwandt und konkurrieren um teilweise gleiche Ressourcen. Die zwischenartliche Konkurrenz wirkt sich nicht nur auf die Überlebensrate aus, sondern kann auch Einflüsse auf die Evolution einer Art bewirken. | |
Symbiose: Unter einer Symbiose werden besonders enge Wechselbeziehungen zwischen zwei Organismen verstanden. Dabei bewohnt der sogenannte „Symbiont“ ein Habitat, das von einem „Wirt“ zur Verfügung gestellt wird. Diese Beziehung wird auch als Mutualismus bezeichnet, da beide Arten einen jeweiligen Nutzen daraus ziehen können. Eine Symbiose grenzt sich dadurch ab, dass ein enger physischer Kontakt zwischen Symbiont und Wirt vorliegt, während der Mutualismus lediglich die Wechselseitigkeit der Beziehung beschriebt. Ein klassisches Beispiel ist die Symbiose von Herbivoren (Pflanzenfressern) mit bestimmten Mikroorganismen, um Cellulose abbauen und verdauen zu können. |